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Extremismus – Bedrohung für die Logen?

Was regelt sich situativ von selbst- und wenn ja: wie, unter welchen Voraussetzungen? Wofür brauchen wir verbindliche Regeln- und wenn ja: welche? Das sind auch im Zusammenhang mit dem Thema Extremismus und Freimaurerei wichtige, heikle, schwer zu beantwortende Fragen. So haben wir es erlebt – in den Breakout-Sessions nach der Podiums­diskussion zwischen zwei Wissenschaftlern am 23. März 2025 zum Thema „Freimaurerei und politischer Extremismus“.

Von Sylvia Gräber und Christoph Meister

Der Historiker Martin Papenheim plädierte dafür, dass Interessenten eine Unvereinbarkeitserklärung der Mitgliedschaft in einer Loge und in einer extremistischen Partei wie z. B. der AfD zu unterzeichnen hätten. Klaus-Jürgen Grün hingegen war der Meinung, dass Freimaurer und Freimaurerinnen die Fähigkeit zur Resilienz besitzen müssten, und riet von Maßnahmen ab.

Die Ergebnisse moderierter Diskussionen in sieben Gruppen lassen sich in fünf Themenbereichen zusammenfassen:

1 Stellungnahmen zur Unvereinbarkeit

Es gab nur in einer Gruppe das klare Votum für eine Unvereinbarkeitserklärung. Allen anderen Gruppen übten Zurückhaltung. Einige Teilnehmer zogen Zugangsvoraussetzungen den Ausschlusskriterien vor. Man könnte z.B. verlangen, dass Suchende vor ihrer Aufnahme schriftlich zusichern, dass sie auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.

2 Erfahrungen mit Extremismus in der Loge

Manche erklärten, in ihren Logen gebe es keine oder kaum Begegnungen mit rechtsextremen Positionen. Andere hingegen sprachen von Bedrohung und Unterwanderung durch Rechtsextreme und bezeichneten das als eine tiefe Krise der Freimaurerei. Die beiden Tendenzen hielten sich in etwa die Waage.

3 Definitions- und Fokussierungsprobleme

Die Diskussionen kreisten um die Fragen: Wo liegen die Grenzen zwischen nicht zu tolerierendem Extremismus und grundsätzlich zu akzeptierendem Radikalismus? Und: Was ist zu tun, wenn sich die politische Mitte immer mehr nach rechts verschiebt und womöglich der Extremismus die Führung übernimmt?

Mehrheitlich wurde konstatiert, dass derzeit der Rechtsextremismus im Fokus stehe. Es gab aber auch Stimmen, die davor warnten, den Linksextremismus zu unterschätzen.

4 Befindlichkeiten und Ungenauigkeiten

Dass es in den Logen manchmal an der nötigen Bereitschaft zur Differenzierung und an der Konflikt-, Diskurs- und Urteilsfähigkeit mangelt, wurde mehrfach festgestellt.

Konservative Sichtweisen würden unter Umständen als rechtsextremistisch und grüne oder soziale Einstellungen als linksextremistisch diffamiert, wodurch das zentrale Toleranzgebot verletzt werde. Dies sei ein gravierendes Versagen.

5 Abgrenzung und Inklusion

Einerseits soll die Loge ein „Safe Space“ sein, in dem – unter der Voraussetzung, dass die Interessierten wirklich Suchende sind – alles Platz hat. Die Freimaurerei zeige einen Weg zur Veränderung. Davon dürfe niemand ausgeschlossen werden.

Andererseits wird vor der Auffassung gewarnt, Menschen mit extremistisch-populistischen, menschenfeindlichen Haltungen „umdrehen“ oder „missionieren“ zu können.

Interessierte müssten schon vor der Aufnahme daraufhin geprüft werden, ob eine Übereinstimmung zwischen ihren und den freimaurerischen Werten vorliegt und ob Reflexivität und die Bereitschaft, sich und die eigenen Positionen zu hinterfragen, gegeben sind. Dabei sei Wachsamkeit und Mut zur klaren Abgrenzung in den Aufnahmekommissionen unverzichtbar.

Conclusio: Ausblick auf das uns Wichtige

Es gibt erfreulicherweise Vorstellungen darüber, wie die Logen dem politischen Extremismus begegnen könnten oder sollten. Ob diese aber umgesetzt werden können und ob sie die erwünschte Wirkung haben, scheint vielen jedoch fraglich. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Vorstellungen sich auf Maßnahmen oder das Thema der Resilienz beziehen.

Maßnahmen postuliere man leicht, hieß es in der Diskussion. Wer dafür zuständig ist, sie zu formulieren und festzulegen und wer überhaupt berechtigt ist, sie durchzusetzen, sei aber schwer zu sagen. Was die Resilienz betrifft, meinen manche, sie sei der Freimaurerei inhärent. Wenn dem aber so wäre, dann gäbe es nicht diese Verunsicherungen und Orientierungsschwierigkeiten im Umgang mit dem Extremismus, die im Grunde in allen Arbeitsgruppen spürbar waren.

Anders formuliert: Eine solche Resilienz müsste in einem fortlaufenden Prozess erst noch und dann immer wieder neu erarbeitet werden. Dafür böte die Freimaurerei eigentlich beste Voraussetzungen – aber nur unter der Prämisse, dass wirklich ein tiefes, ernsthaftes, differenziertes, werteorientiertes, lautes Nachdenken mit dem Gegenüber angestrebt wird. Dieses Gegenüber wäre zunächst der Bruder oder die Schwester in der Loge, dann aber auch die Interessentin bzw. der Interessent.

So ließen sich ein Diskurs, der auch der Politik nicht ausweicht, und ganz allgemein die Kommunikation innerhalb der Loge und auch nach außen auf eine andere, bessere Ebene heben. Auf diesem Wege könnte sich ein situatives Gespür dafür entwickeln, wie der Gesprächspartner „tickt“. Mit Bezug auf die Interessenten könnte dies die Entscheidung erleichtern, welche Menschen aufzunehmen wären und welche nicht. Regeln und Maßnahmen wären dann vielleicht sogar entbehrlich.

Foto: © Duskcraft / stock.adobe.com

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